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PRESSEMITTEILUNG 479 Chemnitz, den 10.07.2003
Villa Koerner in Chemnitz – ein weiteres Bauwerk von Henry van de Velde in Chemnitz - wird nach Rekonstruktion und Restaurierung mit einer festlichen Veranstaltung eingeweiht und übergeben
Die Festveranstaltung für geladene Gäste – die Vertreter der Medien erhielten die Einladung bereits direkt über die Henry van de Velde Gesellschaft Sachsen e.V. – beginnt ab 14:30 Uhr.
Oberbürgermeister Dr. Peter Seifert, Peter Apfel und Prof. Dr. Christian von Borczyskowski werden zur festlichen Eröffnung des restaurierten Bauwerkes das Wort ergreifen.
Zur Geschichte der Villa Koerner – Informationen zum anspruchsvollen Sanierungsvorhaben:
Dreißig Jahre lebte die Familie des Inhabers der Tintenfabrik Beyer in der nach Plänen Henry van de Veldes errichteten Jugendstil-Villa in einem neben seiner Firma gelegenen Park an der Bayerstraße in Chemnitz bis das Gebäude Ende des Zweiten Weltkrieges druch Brandbomben teilweise zerstört wurde. Nur notdürftig und sehr vereinfacht wurde erst 1958 der Dachbereich wiederhergestellt. Anschließend nutzte ein DDR-Betrieb das Wohnhaus über 30 Jahre als Verwaltungssitz.
Dass nun nach Jahren des Verfalls den Investoren Peter Apfel und Olaf Pfeifer, die das Objekt einschließlich des 9.400 Quadratmeter großen Parkes von der Erbengemeinschaft Koerner erwarben, eine hervorragende Restaurierung gelang, ist ein Glücksfall. Schließlich verfügt Chemnitz als einzige Stadt in Sachsen über gleich mehrere Bauwerke des europäischen Künstlers und Architekten Henry van de Velde – berühmtestes Bauwerk ist die bereits wunderbar restaurierte Villa Esche in der Parkstraße in Chemnitz. (Über die Villa Esche liegt übrigens bereits auch ein sehr repräsentativer Bild-Text-Band von dem bekannten Autoren und Verleger Tilo Richter im Buchhandel vor.)
Zudem zeugen die beiden Wohnhäuser der Fabrikanten sowohl von der Wirtschaftskraft als auch vom Kunstsinn seiner damaligen Besitzer. Heute genießen die restaurierten Objekte nationale und europäische Bedeutung. Handelt es sich doch um prägnante Kulturdenkmale der Epoche des Jugendstils. „Durch die denkmalpflegerisch konsequente Restaurierung der verbliebenen Gebäude und die gelungene Rekonstruktion wesentlicher Architekturelemente - in Verbindung mit moderner Innenarchitektur in den wiederhergestellten Dachgeschossen - ist eine großartige funktionell-gestalterische Synthese von Alt und Neu gelungen. Eine beachtenswerte Leistung der beiden Eigentümer, die zugleich für Planung und Baubetreuung verantwortlich zeichneten“, so der Chef des städtischen Denkmalschutzes Thomas Morgenstern. Lediglich für die gärtnerische Gestaltung beauftragten die Bauherren einen versierten Gartenarchitekten. Um sich dem Original wieder zu nähern, mussten ähnlich wie im Park der Villa Esche, mehrere hoch gewachsene Gehölze gefällt werden.
„Die Villa bildet mit Park und Torhaus der Fabrik eine denkmalgeschützte Einheit“, erklärt Morgenstern. Umso erfreulicher sei es, dass die Bauherren selbst einem Detail wie der früheren Fabrikpforte große Aufmerksamkeit schenkten. Letzlich hat hier die Sächsische Henry-van-de-Velde-Gesellschaft ein neues Domizil in größter Nähe zu ihrem Anliegen gefunden. Befindet sich doch in unmittelbarer Nähe (schräg gegenüber an der Beyerstraße) ein weiteres Gebäude von architektonischer und industriegeschichtlicher Bedeutung - die bereits 1997 denkmalgerecht sanierte Villa „Quisisana“. Auch sie trägt mit ihrer zentralen Oberlichthalle die Handschrift Henry van de Veldes.
Dass van de Velde mehrere Aufträge in Chemnitz ausführte, hängt mit verwandtschaftlichen Verbindungen der Unternehmerfamilien Esche, Beyer und Koerner zusammen. Diese Tatsache begünstigte die Empfehlung des schon in seiner frühen Schaffensphase von Herbert Esche hoch geschätzten Künstlers. Nach der Wiedervereinigung erfolgte die Rückübertragung der Villa mit Grundstück an die Erbengemeinschaft Koerner. Die anstehenden Kosten für die Rekonstruktion verhinderten über Jahre alle Verkaufsbemühungen. Selbst die in Aussicht gestellte Zustimmung für eine Wohnbebauung an der Nordseite des Parks - entlang der Altendorfer Straße - half vorerst nicht weiter.
Erst Ende 2000, nach über achtjährigen Bemühungen der Erben, ergab sich der Verkauf an die GbR Peter Apfel & Olaf Pfeifer. Diese suchten ein Geschäftshaus für ihr Architekturbüro und die Bauträgergesellschaft. Ein solch aufwendiges Sanierungsvorhaben zu finanzieren und zu vermieten war selbst mit Zuschüssen eine Bürde, die die Bauherren tragen mussten. Deshalb förderte die Denkmalbehörde der Stadt die verschiedenen Bauabschnitte von Villa und Park über den Zeitraum von 3 Jahren. Ebenso stellte die Stadt alte Pflastersteine für das Umfeld dieses hochwertigen Kulturdenkmals bereit. Nach einigen Anläufen konnte schließlich auch eine angemessene Landesdenkmalförderung über das RP Chemnitz bewilligt werden. Dennoch tragen die beiden Bauherren die Hauptbelastung. Um so erfreulicher ist deshalb die fast vollständige Vermietung der Villa und des Torhauses. Dass sich die Chemnitzer Bürger und ihre Besucher bereits für das Haus Koerner als kulturgeschichtliche Attraktion stark interessieren, war zum Tag des offenen Denkmals im September vorigen Jahres festzustellen, wo an einem Tag etwa 3000 Menschen die fast fertige Villa besichtigten.
Biografische Informationen zu Henry van de Velde:
Van de Velde studierte von 1880 bis 1883 Malerei in Antwerpen und 1884 bis 1885 in Paris. Er engagierte sich in Künstlervereinigungen. Sein erstes Gebäude war sein eigenes Wohnhaus bei Brüssel (1895). Er stattete Räume des Kunstsammlers Samuel Bing in dessen Pariser Galerie ´L´Art Nouveau´ aus, die 1897 anlässlich der Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden präsentiert wurden. Die kraftvollen, konstruktiven Schwünge seiner Möbelentwürfe bildeten einen wichtigen Beitrag zum Jugendstil. 1899 eröffnete er in Berlin eine Zweigstelle seiner Gesellschaft ´Henry van de Velde´ zur Herstellung von Möbeln und anderen Gegenständen. 1901 wurde er als künstlerischer Beirat nach Weimar berufen und 1904 mit der Errichtung der Kunstgewerbeschule beauftragt, die er bis 1914 leitete. Für die Kölner Werkbundausstellung realisierte van de Velde einen Theaterbau und für das Théâtre des Champs-Elysées einen Entwurf. In Holland begann er mit ersten Entwurfszeichnungen für das heutige Rijksmuseum in Otterlo.
Wieder in Brüssel, übernahm van de Velde bis 1935 die Direktion des ´lnstitut Supérieure d´Architecture et des Arts Décoratifs´, gleichzeitig unterrichtete er als Professor für Architektur an der Universität in Gent (1925-36). 1939 errichtete er gemeinsam mit Victor Bourgeois und Léon Stijnen den belgischen Pavillon für die Weltausstellung in New York.
Hinweis für die Medien: Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an die Henry van de Velde Gesellschaft Sachsen e.V. unter Ruf 0371/ 3350196, Fax 0371/ 3350632 – Sitz der Gesellschaft in Sachsen ist in der Villa Koerner in Chemnitz, Beyerstraße 25, D-09113 Chemnitz.
In der Anlage übermittelt die Pressestelle zur Veröffentlichung eine Aufnahme der Villa Koerner.
Doppelvortrag in der Villa Esche am 17. Juli 2003, 19:00 Uhr
Esche-Enkel Peter Luchsinger wird an Veranstaltung teilnehmen
In die Villa Esche in Chemnitz (Parkstraße 58) wird am Donnerstag, den 17. Juli 2003, 19:00 Uhr zu einem Doppelvortrag im Rahmen der gemeinsamen Vortragsreihe von Henry van de Velde Gesellschaft und Grundstücks- und Gebäudegesellschaft m.b.H. eingeladen: „Internationaler Jugendstil – künstlerisch, soziologisch und kulturpolitisch betrachtet“ lautet das Thema. Prominente Referenten sind die international renommierte Jugendstilexpertin Frau Dr. Gabriele Fahr-Becker und der ehemalige Vorsitzende der Henry van de Velde Gesellschaft Herr Andreas E. Mach.
Wie die Gesellschaft weiter informiert, wird es ein weiteres besonderes Highlight an diesem Abend geben mit der Teilnahme des Enkels des Bauherren Herbert Eugen Esche - Herrn Dr. Peter Luchsinger und seiner Frau Barbara aus den USA. Beide nehmen an der Vortragsveranstaltung teil und wollen auch über Erinnerungen an die Familie Esche berichten.
Wichtig für Interessenten: Karten für diese Veranstaltung in der Villa Esche können zum Preis von 3 Euro pro Person für Mitglieder der Gesellschaft bzw. für 5 Euro pro Person für jeden anderen Interessenten an der Abendkasse erworben werden.
Stadt Chemnitz