Aktuelle Pressemitteilungen
PRESSEMITTEILUNG 543 Chemnitz, den 18.08.2003
74. Deutscher Archivtag vom 30. September bis 03. Oktober in Chemnitz
Über den in Chemnitz veranstalteten 74. Archivtag selbst erhielten die Redaktionen ebenfalls bereits umfangreiche Informationen im Rahmen des Anfang Juli im Stadtarchiv Chemnitz veranstalteten Pressekonferenz (siehe PD Nr. 453 vom 30.06.03) sowie einem von der Pressestelle veröffentlichten Beitrag (siehe PD Nr. 472 vom 08.07.03).
Der heute veröffentlichter Beitrag in der Reihe „Aus der Arbeit Chemnitzer Archive“ informiert über das Archiv der Technischen Universität Chemnitz – bei Rückfragen wenden Sie sich bitte direkt an den Autor des Beitrags, Herrn Stephan Luther, Leiter des Universitätsarchivs, Ruf 0371/ 531 26 94, e-Mail: dagmar.szoelloesi@hrz.tu-chemnitz.de
In wenigen Wochen begeht die Technische Universität Chemnitz den fünfzigsten Jahrestag der Gründung der Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt. Zum 01. September 1953 wurde hier eine Hochschulausbildung installiert, um die man in Chemnitz lange Zeit gerungen hatte.
Die höhere technische Bildung wurde in Chemnitz, wie in vielen Städten Deutschlands, als ein Bedürfnis der industriellen Entwicklung bereits im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts (1836) ins Leben gerufen. Allerdings erlangte die Ausbildung an der Königlichen Gewerbschule, später Gewerbeakademie Chemnitz, nie den Status einer Hochschulausbildung, wie u.a. die Schulen in den Hauptstädten der Territorialstaaten, so auch in Dresden, sondern blieb auf der Fachschulebene stehen. Schon in der späteren Bezeichnung „Akademie“ wird jedoch deutlich, dass die Gewerbschule sich nach Ausbildungsinhalten wie auch –dauer über die „normalen“ Gewerbschulen Deutschlands erhoben hatte. In Chemnitz wurde mit sieben Semestern Studiendauer fast der Ausbildungsumfang Technischer Hochschulen von acht Semestern erreicht. Die „normalen“ Gewerbschulen hatten im Gegensatz dazu nur eine Ausbildungsdauer von fünf Semestern. Die Inhalte gingen über eine reine Vermittlung technischen Wissens hinaus und waren breiter angelegt. Der 1877 errichtete Böttcher-Bau mit seinen Labors und Versuchseinrichtungen gewährleistete eine solide Basis für eine wissenschaftliche Ausbildung, die sich sehr eng an der Praxis orientierte.
Die Absolventen der Gewerbschule bzw. Akademie waren in der Wirtschaft und in der Wissenschaft anerkannt und gefragt. Eine große Anzahl von ihnen erlangte im späteren Berufsleben Anerkennung und Bedeutung, wie z.B. der Entdecker des Germaniums Clemens Winkler, der bedeutende Theaterarchitekt des 19. Jahrhunderts Max Littmann oder der Mitbegründer der Elastizitätslehre Carl von Bach. Auch eine Reihe von Industriellen schickten ihre Söhne auf die Chemnitzer Anstalt. So erhielten hier z.B. Karl Victor Haubold, Friedrich Gotthelf Anton Wiede, Louis Bruno Schwalbe, Friedrich Otto Ruppert oder auch Max Eugen Hauschild in den ersten 25 Jahren des Bestehens der Gewerbschule ihre wissenschaftliche Ausbildung. Mancher dieser Familiennamen tauchte in späteren Jahren immer wieder auf. Diese Reihe lässt sich auch im 20. Jahrhundert fortsetzen. So studierten in Karl-Marx-Stadt an der Technischen Hochschule der derzeitige Oberbürgermeister Peter Seifert und der designierte Rektor der TU Chemnitz Klaus-Jürgen Matthes.
All diese Absolventen finden sich in den Unterlagen des Universitätsarchivs wieder. Mit der Überlieferung des Universitätsarchivs ist es möglich, jeden Studenten mit seinen persönlichen und den Daten zum Studium nachzuweisen. Dies beginnt mit den Matrikeleintragungen des Jahres 1836, die noch vom damaligen Direktor Prof. Dr. Ambrosius Hülße per Hand vorgenommen wurden und reicht bis zu den heutigen modernen Studentenakten. Die Form der Nachweisung ist über die nunmehr fast 170 Jahre einer enormen Veränderung unterworfen worden und spiegelt auch ein Stück der Geschichte des Registraturwesens wieder. (Siehe dazu das beigefügte Foto von der Matrikeleintragung von Victor Haubold.) Bis in das Jahr 1928 hinein gab es nur die erwähnten Matrikeleintragungen, die die persönlichen Daten des Schülers, seine Vorbildung und Religionszugehörigkeit, die Nationalität, den Stand seines Vaters sowie den Verlauf des Studiums selbst enthalten. Korrespondierend mit diesen Matrikeleintragungen wurden Zensurenbücher geführt, die Auskunft über die belegten Fächer und die erzielten Noten geben. Ab 1929 wurden sukzessive mit Passbild versehene Studentenkarteikarten eingeführt, auf den Matrikeleintragungen und die Zensuren zusammengeführt wurden. Die noch heute bekannte Studentenakte wurde erst mit der Gründung der Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt eingeführt. Insgesamt bilden diese Unterlagen eine hervorragende sozialhistorische Quelle, die bisher aber noch nicht zielgerichtet ausgewertet wurde.
Die studentischen Unterlagen machen fast ein Fünftel am Gesamtumfang des Universitätsarchivs mit seinen nahezu 2,5 Km Akten aus. Mit der ständigen Zunahme der Studentenzahlen und der damit einhergehenden Abgabe von entsprechenden Akten kann das Archiv diese wahre Flut von Unterlagen nur noch mit Hilfe der modernen Technik bewältigen. Die Studentenakten sind mit den Formaldaten des Studenten und dessen Studiums in einer Datenbank erfasst und können so schnell und präzis aufgefunden werden.
Mit den Daten dieser Aktengruppe wird aber nicht nur die sozialhistorische und biographische Forschung bedient, sondern es werden auch eine Reihe von rechtlichen Fragen beantwortet. Mehr als ein Drittel der gesamten Auskunftstätigkeit des Archivs bezieht sich z.B. auf die Auskunftserteilung an die betreffenden Studenten selbst mit Daten zur Studiendauer und Abschluss, um Fragen bei der Beantragung von rentenrechtlich relevanten Zeiten beantworten zu können.
Hinweis für Redaktionen: In der Anlage erhalten Sie zur Veröffentlichung als jpg-Datei ein Foto von der Matrikeleintragung von Victor Haubold.
Stadt Chemnitz