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PRESSEMITTEILUNG 242 Chemnitz, den 03.04.2007
Die Stadt Chemnitz lädt ein zum Bürgerforum
Ablauf:
Eröffnung: Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig
Vortrag zum Thema „Herausforderung Demografie” anschließend spricht
Baubürgermeisterin Petra Wesseler zu Strategien und konkreten Projekten im Stadtumbau
Themen der folgenden Podiumsdiskussion:
„Die Chemnitzer Strategie im sächsischen Stadtumbauprozesses - Abriss und Aufwertung”, „wohnungswirtschaftliche Belange und städtebauliche Ziele”,
„der Denkmalschutz im Stadtumbau”,
„Handlungsspielräume privater Eigentümer” sowie
„neue Instrumente im Stadtumbau - Agieren oder Reagieren”
Das Podium ist besetzt mit Karsten Gerkens, Vorsitzender der AG Stadtumbau sächsischer Kommunen und Leiter des Amtes für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, Leipzig, Dr. Angelika Riemer, GdW – Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen e.V.,
Prof. Claus Dietel, Formgestalter,
Simone Kalew, Arbeitskreis Chemnitzer Wohnungsunternehmen und Geschäftsführerin der GGG,
Dr. Bernd Hunger, StadtBüro Hunger Berlin,
Grit Stillger, Abteilungsleiterin im Amt für Baukoordination,
Börries Butenop, Leiter Stadtplanungsamt
Moderation: Dr. Bernd Hunger, StadtBüro Hunger Berlin
Schlusswort: Bürgermeisterin Petra Wesseler
Interessante Aspekte zum Stadtumbau lesen Sie in der folgenden Betrachtung von Börries Butenop, Leiter des Stadtplanungsamtes:
Die Stadt im Umbau - Herausforderung und Chance
Städte verändern sich permanent – und zwar seit ihrer Gründung. Der stetige Wandel, die Erweiterung, aber auch der Umbau sind das Wesen der europäischen Stadt. In jedem Jahrhundert hat es tiefgreifende Einschnitte und Veränderungen im Stadtgefüge gegeben. Wechselnde Bedürfnisse der Bürger, zerstörerische Eingriffe von außen, wie zum Beispiel Kriege, oder positive Effekte wie technischer und wirtschaftlicher Fortschritt waren Gründe für einschneidende Veränderungen. In der Vergangenheit jedoch konnten Bevölkerungsverluste, etwa aufgrund von Seuchen oder Kriegen, schnell wieder durch stetiges Bevölkerungswachstum ausgeglichen werden. Die weitere Entwicklung des Wohlstandes, aber auch Kriegsfolgen wurden durch Abbruch des Alten und Aufbau von Neuem bewältigt.
Die Städte Europas sind im Laufe ihrer Jahrhunderte langen Entwicklung von innen nach außen gewachsen; Stadterweiterungen haben sich üblicherweise ringartig um die historische Mitte gelegt. Aus dieser Wachstumsstruktur leitet sich die Forderung an die schrumpfende Stadt ab, Rückbau und Schrumpfung müssten idealtypisch nun wiederum von außen nach innen erfolgen.
Diese „reine Lehre“ lässt sich auf Chemnitz nicht anwenden. In unserer Stadt - wie in vielen ostdeutschen Städten - haben Kriegszerstörungen, aber auch umfangreiche städtebauliche Umstrukturierungen der DDR das Stadtbild nachhaltig verändert. Wo ist also innen, wo ist außen? Der äußere Rand des Miet- und Geschosswohnungsbaus von Chemnitz ist selbstverständlich der Südrand des Heckert-Gebietes, die Stadtteile Hutholz und Markersdorf. Auch das Yorckgebiet bildet einen äußeren Rand. Aber die Gründerzeitbestände des westlichen Kaßbergs, Hilbersdorfs oder bedeutende Siedlungen der Zwischenkriegszeit wie der Heimgarten stellen ebenfalls diesen äußeren Rand dar. Insofern ist bei der Schrumpfung der Stadt differenziert jede Lage zu betrachten. In jedem Stadtteil gibt es attraktive Wohnlagen und Leerstände gleichermaßen. Die Perforation, das anscheinend ungesteuerte Herausbrechen einzelner Gebäude aus zusammenhängenden Beständen, beunruhigt die Bürger – zurecht. Wir werden gemeinsam sehr viel stärker darauf achten müssen, Bestände sorgsam und zusammenhängend zu erhalten, wo dies möglich ist und an anderer Stelle zusammenhängende Abbrüche, verknüpft mit dem Rückbau der Infrastruktur, vornehmen - soweit dies städtebaulich verträglich ist. In dieser anstehenden Phase des Stadtumbaus werden neue Steuerungsinstrumente des Stadtumbaus, wie zum Beispiel Möglichkeiten des Flächentauschs und ähnliches eine große Rolle spielen. Stadtumbau ist eine gemeinschaftliche Aufgabe aller Akteure und Betroffenen. Akteure im Stadtumbau sind nicht nur die großen Wohnungsunternehmen, sondern alle Eigentümer im Stadtgebiet. Sie entscheiden, was mit ihrem Eigentum geschehen soll. Sie entwickeln Konzepte für die Zukunft ihres Eigentums. Die Entscheidungen werden dabei nicht immer und durchgängig freiwillig getroffen. All zu oft engen Banken die Handlungsmöglichkeiten und -richtungen der Eigentümer ein.
Dass überhaupt Stadtumbau, Rückbau, Abbruch von Gebäuden als letzter Ausweg für Eigentümer steht, liegt auch an den Mietern. Denn sie entscheiden wo und wie sie wohnen wollen. Sie haben freie Auswahl auf dem Wohnungsmarkt. Die Wünsche der Bevölkerung, Trends die sich stabilisieren, definieren ganz wesentlich die Handlungsfelder für den Stadtumbau. Die Herausforderung für die Stadt des 21. Jahrhunderts ist neu. Trotz eines immer stärkeren Wohlstandes und langen Friedens wird dauerhaft nicht genügend Bevölkerung da sein, um die vorhandene Stadt mit Leben zu füllen. Die Leerstände können nur durch Abbrüche minimiert werden, wenn nicht der Verfall langfristig das Stadtbild bestimmen soll. Bereits in der DDR wurden durch die Veränderungen der Stadt Leerstände produziert. Neue Wohngebiete entstanden an den Stadträndern; die Sanierung bestehender, innenstadtnaher Lagen unterblieb, teilweise wurden Abbrüche alter Bausubstanz vorgenommen. Es ist unbestritten, dass die Entwicklungen nach der Wende den Leerstand in Teilen der Stadt verstärkt haben. Neben der tief greifenden wirtschaftlichen Umstrukturierung im Stadtgefüge und den damit verbundenen Wegzügen arbeit- suchender Menschen sind auch die Förderprogramme im Wohnungsbau zu Anfang unausgewogen gewesen. Die Sanierung der Altbauten wurde unterstützt, leer stehende Wohnungen wurden geteilt, saniert und dem Markt zugeführt. Gleichzeitig wurden Bestände des industriellen Wohnungsbaus einschließlich des Wohnumfeldes modernisiert. Und die Förderung des Eigenheims unterstützte wesentlich die Nachfrage nach dieser neuen Wohnform – auch in Verbindung mit der Pendlerpauschale, welche die Zersiedelung der Landschaft unterstützte. Die Ergebnisse dieser Entwicklungen sind Tatsachen und nicht wegzureden. Vieles war auch erforderlich, um die anstehenden Modernisieru ngen im Wohnungsbestand auf den Weg zu bringen. Dennoch gilt es, mit den anstehenden Aufgaben und den erarbeiteten Konzepten jetzt umzusteuern und neue Schwerpunkte zu setzen. Der Stadtumbau im Allgemeinen und in Chemnitz im Besonderen muss als gemeinsame Chance begriffen werden, als Chance von der Quantität des Wohnungsbaus zu einer neuen Qualität in den Stadtteilen zu kommen. Wesentlich wird dabei sein, den Trend zurück in die Stadt zu unterstützen, also auf innerstädtischen Brachflächen neue Wohnformen zu ermöglichen.
Chemnitz hat seit der Wende rund 65.000 Einwohner verloren. Das ist so viel wie die Bevölkerung von Marienberg, Glauchau und Limbach-Oberfrohna zusammen. Diese Einwohnerverluste sind bis auf weiteres nicht auszugleichen. Sie sind vor allem durch die Abwanderungen im Zuge der wirtschaftlichen Umstrukturierungen nach der Wende bedingt. Und wir werden uns – auch nach günstigen Prognosen – darauf einstellen müssen, dass unsere Stadt bis zum Jahr 2020 weitere 20.000 Einwohner verlieren wird. Die Ursache hierfür liegt allerdings jetzt an der zu geringen Geburtenzahl, die auch durch Zuwanderung kaum zu kompensieren sein wird. Der Stadtumbau, der Bau einer kleineren Stadt, hat keine Alternative. Er ist eine Chance, die Stadt nunmehr nach jetzigen und künftigen Bedürfnissen der Chemnitzer zu gestalten. Und er die wesentliche Herausforderung, die nur gemeinsam von allen gemeistert werden kann: von den Mietern, die entscheiden, in welcher Wohnform und in welcher Lage sie leben möchten; von den Eigentümern, die einerseits darauf zu reagieren haben und andererseits ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vernachlässigen können; und von uns allen gemeinsam, wenn es darum geht, das Bild unserer Stadt und ihrer Quartiere zukunftsfähig zu gestalten.
Stadt Chemnitz