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PRESSEMITTEILUNG 545 Chemnitz, den 01.08.2007
Geschichtsträchtiger Chemnitzer Boden:
Dem privaten Vorhaben steht es jetzt frei, beim Land Sachsen Fördermittel für die Grabungen zu beantragen. Nach den Plänen des Seniorenheim-Betreibers sollen nicht nur die Grundmauern der zerstörten Kirche freigelegt, sondern auch die Konturen des Kirchenschiffes mit Steinplatten nachgestaltet und mit Tafeln zur Geschichte des Geländes versehen werden. Außerdem erklärte das Unternehmen die Absicht, einen öffentlich zugänglichen Park auf dem Niklasberg zu gestalten. Die Grünanlage soll einen Spielplatz, ein Bistro und einen Picknickplatz erhalten.
Von kommunaler Seite werde das private Engagement zur Gestaltung einer öffentlich zugänglichen Grünanlage in unmittelbarer Nähe des Gunzenhauser-Museums begrüßt, so Sabine Strobel, Amtsleiterin des Baugenehmigungsamtes im städtischen Baudezernat. Bereits 2006 hatte die Stadt selbst einen Teil der Nikolaikirchmauer instand gesetzt und eine öffentliche Grünfläche in unmittelbarer Nähe saniert. „Aus historischer Sicht ist die kleine Anhöhe zwischen Falkeplatz und Kapellenberg ein bedeutsamer Ort“, erklärt der Türmer der Stadt Chemnitz, Stefan Weber. Historiker vermuten hier oder an der Johanniskirche die Wiege der Stadt Chemnitz. Die jetzt privat geplanten Grabungen könnten zur Erhellung dieser bislang ungeklärten Frage beitragen - vorausgesetzt man findet auch Teile eines Vorgängerbaus aus dem 12. Jahrhundert. Denn ein früher Vorgänger der Kirche, deren Namenspate der im 11. und 12. Jahrhundert als Schutzpatron der Kaufleute geltende Schutzheilige Nikolaus ist, bildete vermutlich den Mittelpunkt einer Kaufleutesiedlung, die im Zuge des 1143 erteilten Marktrechtes für das Kloster - also noch vor der eigentlichen Stadtgründung - entstand.
Die erste Nachricht über die Existenz der Nikolaikirche stammt aus dem Jahr 1331, doch deuten in früheren Zeiten gefundene Reste, auf einen romanischen Bau hin. „Mehrere Vorgänger des neugotischen Klinkerbaus mit dem schlanken hochragenden Turm, fielen Abriss und Zerstörungen infolge von Kriegszeiten des 15., 16. und 17. Jahrhunderts zum Opfer “, erzählt Türmer Weber. Stadtgeschichtlich ist die Gegend am Kapellenberg äußerst interessant. Reger Handel wurde hier im 12. Jahrhundert nahe dem Chemnitzfluss betrieben: Zwar war die Niklasgasse abhängig vom Chemnitzer Bergkloster, lag aber ungeschützt vor den Mauern der Stadt. Eng verflochten sind deshalb die Geschicke der Nikolaikirche mit denen der Ansiedlung - die von Plünderungen, Feuersbrunst, Pest und Hungersnöten heimgesucht wurde.
„Die Lage der Ansiedlung - vor den Stadtmauern - hatte den Nachteil, dass sich im Umkreis einer Meile keine Handwerker niederlassen durften“, erläutert Stefan Weber. „So schlugen alle Versuche fehl, hier auch Tuch- und Leineweber anzusiedeln.“ Erst das neu aufkommende Handwerk der Strumpfwirker siedelte sich um 1748 in der so genannten „Amtsvorstadt Niklasgasse“ an. 1844 wurde die auf 1.200 Einwohner angewachsene Nikolaivorstadt eingemeindet. Die hatte inzwischen Bedeutung durch die zahlreiche Strumpf-, Kunstseiden- und Trikotagenfabriken sowie durch Maschinenbau, Kattundruck und dutzende kleine Werkstätten erlangt.
Die Nikolaikirche musste 1882 baupolizeilich gesperrt und später abgerissen werden. Chemnitz, mittlerweile zur Großstadt geworden, hatte großes Interesse an einem wirkungsvollen Neubau eines Gotteshauses an diesem Ort. Dieser wurde vom Dresdner Architekt Christian Gottfried Schramm entworfen und am 7. März 1888 geweiht. Tragik der Geschichte: 57 Jahre später - ebenfalls im März - wurde das Gotteshaus wie große Teile von Chemnitz in Schutt und Asche gelegt.
(eh)
Stadt Chemnitz