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PRESSEMITTEILUNG 246 Chemnitz, den 15.04.2008
Amos Oz mit Stefan-Heym-Preis der Stadt Chemnitz geehrt
"Stefan Heym war ein Mann des starken Wortes, dessen Biografie mich berührt", sagte Amos Oz. "Ich bin dankbar, dass ich der erste Träger dieses Preises sein darf.“ Wichtiger denn je, so der Preisträger in seiner Dankesrede, sei das gegenseitige Verstehen der Menschen über Ländergrenzen, Religionen und politische Ansichten hinweg. Dazu leiste die Literatur einen unschätzbaren Beitrag und schlage Brücken. Oz, der sich selbst infolge des Holocausts jeden Kontakt zum Volk der Täter versagt hatte, fand gerade über die deutsche Nachkriegsliteratur wieder Zugang zum Land der Dichter und Denker und sagte dazu gestern Abend: „Etwas konnte ich nicht boykottieren, das waren die Bücher von Günter Grass, Heinrich Böll, Siegfried Lenz und von Stefan Heym. Und je mehr ich las, desto mehr wurde ich geheilt vom Hass, denn die Bücher brachten mich dazu, mich in die Menschen hineinzuversetzen.“
Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig würdigte Amos Oz zur Verleihung des Stefan-Heym-Preises als einen der herausragendsten Schriftsteller unserer Zeit: „In seinen Werken verschmelzen Beobachtungsgabe und das Gespür für die politische Kultur mit brillanter Sprache. …Wie Stefan Heym spiegelt er dabei häufig die große Welt im Kleinen.“ Literatur, so Ludwig in ihrem Grußwort, schärfe den Blick für jene Fragen, die zu allen Zeiten und unter allen Umständen die entscheidenden bleiben – die Fragen nach Moral und Haltung, nach Integrität und Verantwortung, nach Mut und Menschlichkeit. Barbara Ludwig: „Wir verleihen heute zum ersten Mal den Internationalen Stefan-Heym-Preis der Stadt Chemnitz. Wir tun dies, um einen großen Sohn unserer Stadt zu ehren. Wir tun dies aber auch in dem Wissen, dass jene Werte, für die diese Auszeichnung steht, immer wieder unser aller Aufmerksamkeit verlangen.“
Zu den ersten Gratulanten gehörte der Botschafter des Staates Israel, Yoram Ben-Zeev, der in seinem Grußwort an den Preisträger auch auf die Rolle der Literatur in den besonderen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland einging. Auf die Vielstimmigkeit und den Facettenreichtum der israelischen Literatur hinweisend, bringe diese den deutschen Lesern das Land Israel und seine Geschichte näher. Die Autoren, so Yoram Ben-Zeev, tun dies auf besondere Weise – zum Beispiel Amos Oz, der mit der Sprache Wunder vollbringe.
Philosophisch-literarische Würdigung und zugleich Anregung zum Lesen erlebten die Gäste des von der Robert-Schumann-Philharmonie unter GMD Frank Beermann begleiteten Festaktes – es erklangen die musikalischen Präferenzen von Stefan Heym und Amos Oz – mit der eindrucksvoll Persönlichkeit und Werk des Preisträgers würdigenden Laudatio der Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz. Sie erinnerte an gemeinsame Begegnungen mit Stefan und Inge Heym und an den schicksalhaften Weg des in Chemnitz geborenen und in Israel gestorbenen Dichters. Und sie verband den Namensgeber des Internationalen Stefan-Heym-Preises der Stadt Chemnitz mit dessen ersten Preisträger – mit Amos Oz, der versuche, Frieden in ein Land zu schreiben und der die Rolle des Schriftstellers, so zitierte Unseld-Berkéwicz, einmal so formuliert hat: „Schriftsteller sind also mit der Fähigkeit ausgestattet, als Rauchmelder, vielleicht sogar als Feuerwehr der Sprache zu dienen. Sie sind, um im Bild zu bleiben, die ersten, die eine unmenschliche Sprache wittern, und daher rührt ihre moralische Verpflichtung ‚Feuer!’ zu rufen, sobald sie Brandgeruch wahrnehmen.“
Man schreibe, so zitierte die Laudatorin den Preisträger weiter, „nicht als jemand, der für den Frieden kämpft, sondern vielmehr als jemand, der den Frieden hervorbringt und begierig ist, diesen Frieden mit seinen Lesern zu teilen. Man schreibt unter einem einfachen ethischen Imperativ: Versuche, alles zu verstehen. Vergib manches. Und vergiss nichts.“
Zum Festakt der Verleihung des Internationalen Stefan-Heym-Preises der Stadt Chemnitz trug sich der Preisträger Amos Oz auch in das Goldene Buch der Stadt Chemnitz ein.
Der Internationale Stefan-Heym-Preis der Stadt Chemnitz, erstmals verliehen aus Anlass des 95. Geburtstages von Stefan Heym (1913-2001), soll künftig alle drei Jahre an Schriftsteller und Publizisten vergeben werden, die sich wie Stefan Heym in besonderer Weise als zeitkritische und couragierte Autoren erwiesen haben und die sich in ihrem Leben und mit ihrem Werk in gesellschaftliche Debatten einmischen, um für moralische Werte zu streiten.
Informationen im Internet unter www.chemnitz.de > Stefan-Heym-Preis
(sk)
Stadt Chemnitz