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PRESSEMITTEILUNG 840 Chemnitz, den 09.11.2010

Jüdisches Leben und jüdische Kultur schlagen im Alltag unserer Stadt neue und tiefere Wurzeln

Aus der Ansprache von Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig im Gedenken an die Opfer der Pogromnacht vom 9. November 1938

Im Gedenken an den 72. Jahrestag der Pogromnacht vom 09. November 1938 und der Ermordung von über 6 Millionen Juden während des Nazi-Regimes fand heute die alljährlich auch in Chemnitz zur wichtigen Tradition gehörende Gedenkveranstaltung an der Stele am Stephanplatz statt. Hier stand bis zu ihrer Zerstörung in der Pogromnacht 1938 die berühmte Chemnitzer Synagoge, genannt die „Zierde des Kaßbergs“.
Zur Gedenkveranstaltung hielt Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig eine Ansprache, für die Jüdische Gemeinde Chemnitz sprach Renate Aris, Überlebende des Holocaust. Der sächsische Landesrabbiner Dr. Salomon Almekias-Siegl trug, begleitet vom Chor der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, den Psalm 130 und das Kaddisch (Totengebet) vor.

Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig betonte in ihrer Rede die große Verantwortung aller Bürgerinnen und Bürger: „Mit dem Gedenken an diese Nacht vor mehr als 70 Jahren geht für immer die Mahnung einher, dass wir einander verantwortlich sind. Dass wir es nicht erlauben dürfen, wenn Menschen ihrer Überzeugung, ihres Glaubens oder ihrer Meinung wegen ausgegrenzt und sogar verfolgt werden. Das erfordert von uns verantwortliches Handeln, verlangt von uns, hinzuhören und hinzusehen. Wir gedenken heute der Toten des jüdischen Volkes und verneigen uns vor den Überlebenden, die unsagbares Leid erfahren haben. … Aber es gibt die aufrichtige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, das klare Bewusstsein für unsere Verantwortung. Und dazu gehört, auch für jüngere Generationen die Erinnerung wach zuhalten. Mit Veranstaltungen wie der heutigen, mit Stolpersteinen, mit Ausstellungen. Und vor allem mit Gesprächen. ... Damit es nie wieder so wird.“ In Ihrer Ansprache hob die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig aber zugleich hervor, dass „jüdisches Leben und jüdische Kultur im Alltag unserer Stadt neue und tiefere Wurzeln schlagen“ und erinnerte dabei insbesondere daran, dass einer der ersten Neubauten einer Synagoge nach 1945 in den ostdeutschen Bundesländern vor acht Jahren in Chemnitz geweiht wurde und die Gemeinde, die vor 20 Jahren nur noch ein Dutzend Mitglieder zählte und heute schon über 650 Mitglieder zählt, dass Jüdische Kulturtage ihren festen Platz im jährlichen Kulturreigen haben. Seit den 1990er Jahren haben über 100 ehemalige Chemnitzer Juden ihre frühere Heimatstadt besucht wie jüngst zum Beispiel Uri Shalit aus Tel Aviv, der im Dezember 1938 Chemnitz unfreiwillig verließ und nun vor fünf Wochen nach einmal zurück kam in seine alte Heimatstadt, 86-jährig, in Begleitung seiner Kinder und Enkel. Mit ihnen gemeinsam, so die Oberbürgermeisterin, legte er auch Blumen nieder an der Stelle, an der sein Elternhaus stand – heute erinnern hier drei Stolpersteine an seine Familie. Barbara Ludwig: „Stolpersteine erinnern in Chemnitz seit 2007 an jüdische Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, deren Lebensspuren in Theresienstadt, Auschwitz oder anderswo endeten.“

In ihrer Rede ging die Oberbürgermeisterin insbesondere auch auf das in diesem Jahr 125-jährige Bestehen der Jüdischen Gemeinde in Chemnitz ein: „Die Monate Oktober und November stehen in diesem Jahr in Chemnitz ganz im Zeichen der Geburtstagsfeier unserer Jüdischen Gemeinde. Es ist der 125.! Darüber bin ich als Oberbürgermeisterin sehr froh, denn das es dieses Jubiläum gibt, ist genau jenes Wunder, von dem Herr Rotstein einst sprach. In den Kunstsammlungen sind zurzeit berührende Kostbarkeiten zu sehen. Zeitzeugnisse jüdischen Lebens. Gerettet unter manchmal dramatischen oder ganz zufälligen Umständen. Oft ist es das letzte Lebenszeichen, die letzte Spur, die blieb.“ Wer den Festakt zum Jubiläum erlebt habe, so die Oberbürgermeisterin, konnte sich vor allem zwei Gefühlen nicht entziehen: Freude und Schmerz. „Schmerz über einen unvorstellbaren Verlust, Schmerz, den man wieder empfindet, wenn man durch die Ausstellung in den Kunstsammlungen geht. Erstaunen über so vieles, was wir über jüdisches Leben in Chemnitz bisher nicht wussten. Und Freude, dass wir in diesem Jahr überhaupt 125 Jahre Jüdische Gemeinde feiern können. Und wer sich an die Feier erinnert: Es war auch eine Feier der Lebensfreude. Ich bin dankbar, dass wir das heute erleben dürfen.“

Pressestelle
Stadt Chemnitz

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