Aktuelle Pressemitteilungen
PRESSEMITTEILUNG 367 Chemnitz, den 27.05.2011
7. Sitzung des Kuratoriums Stadtgestaltung - Empfehlungen
Ensemble Straße der Nationen/Brückenstraße
Bedeutung des Ensembles
Das Ensemble zwischen der Straße der Nationen und der Brückenstraße mit dem Hotel Mercure, der Stadthalle und dem sich anschließenden Park sowie dem Karl-Marx-Monument und dem ehemaligen Gebäude der SED-Bezirksleitung auf der gegenüberliegenden Seite entstand im Zeitraum zwischen 1964 und 1974 und war ursprünglich als neues Stadtzentrum der Stadt Karl-Marx-Stadt geplant.
Die Bedeutung dieses Komplexes wird im Kontext der DDR-Historie als herausragend eingeschätzt, sowohl was die Einzelbauten als auch das Ensemble betrifft. Die Architektur hält jedem zeitgenössischen internationalen Vergleich stand. Deshalb ist im Umgang mit dem Bestand größte Sorgfalt gefragt. Das Ensemble wird als wertvolle baulich-räumliche Einheit eingestuft.
Trotz einiger nutzerfreundlicher Kompromisse und Abweichungen von den ursprünglichen strengen Vorgaben des Politbüros und der Regierung – etwa der Gestaltung einer Parkanlage statt eines weiträumigen Demonstrationsplatzes mit Plattenbelag – wurde in diesem Bereich niemals echte Urbanität erreicht. Festzuhalten ist, dass der öffentliche Raum auf der Südseite der Brückenstraße durchaus funktioniert und das Areal von den Bürgern angenommen wird. Auf der gegenüberliegenden Seite rund um das Karl-Marx-Monument ist dies jedoch nie gelungen. Im Gegenteil – die Brückenstraße wirkt in diesem Bereich sogar als klare Barriere zwischen der historischen Innenstadt und den angrenzen Quartieren, so dass Theaterplatz und Brühl abgeschnitten wirken. Zur Aufwertung dieses Bereiches als Stadtraum werden folgende Empfehlungen ausgesprochen:
Verbesserung der Quartiersbildung
Die Straße der Nationen übernimmt weiterhin wichtige Funktionen als Nord-Süd-Rückgrat der Stadt. Entlang der Straße bestehen bereits zahlreiche Taschenplätze (Schillerplatz, Theaterplatz, Straßenraum der Brückenstraße, Stadthallenpark, Markt), die als Aufenthaltsräume in der Stadt stärker verknüpft und ins Bewusstsein gerückt werden sollten.
Parallel zu dieser wichtigen Verkehrsader empfiehlt sich als Option eine fußläufige Passage als „kultureller Bypass“, der sich idealerweise vom Roten Turm bis zur ehemaligen Aktienspinnerei und der zukünftigen Bibliothek der Technischen Universität erstrecken könnte. Voraussetzung dafür ist eine Durchwegung mindestens der Erdgeschosszone des ehemaligen SED-Gebäudes und der Kunstsammlungen. Beim Durchstich durch die Parteifalte ist mit Präzision und einer gewissen Zurückhaltung vorzugehen. Diese Empfehlung geht konform mit den Ansätzen des 1. Preises des Ideenwettbewerbes zur Entwicklung des Geländes und ist in der weiteren Durcharbeitung des Behördenzentrums fortzuentwickeln. Die fußläufige Durchquerung und eine möglichst gemischt genutzte kleinteilige Entwicklung der Flächen bis zum Brühl ist für die Quartiersbildung sehr wichtig und wünschenswerter Weise auch bei der Entwicklung des Behördenzentrums zu berücksichtigen.
Ein wichtiger Punkt hierbei sind die umliegenden Verkehrswege. So gilt es, eine Verknüpfung zwischen Mühlenstraße bzw. Karl-Liebknecht-Straße und der Straße der Nationen zu schaffen, um einerseits die Brückenstraße zu entlasten und andererseits eine Belebung des Brühls zu fördern. Denn nicht nur der Straßenabschnitt der Brückenstraße muss entwickelt werden, sondern auch das dahinter liegende Areal.
Das Ziel muss sein, eine Quartiersentwicklung mit einem funktionierenden Straßennetz herzustellen. Das bedeutet eine Verknüpfung der Tauberstraße und der Kollwitz-Straße an die Mühlenstraße und eine Anbindung der Karl-Liebknecht-Straße an die Mühlenstraße. In Verbindung mit einer Durchwegung der ehemaligen Parteizentrale sind die Voraussetzungen einer zukünftigen positiven Quartiersentwicklung gegeben. In Nutzung und Bautypologie dieses Quartiers ist auf kleinteilige Nutzung zu achten, mit einem möglichst hohen Wohnanteil und attraktiver EG-Nutzung.
Erhöhung der Aufenthaltsqualität
Im Zentrum der stadträumlichen Betrachtung liegt der Abschnitt der Brückenstraße zwischen Mühlenstraße und Straße der Nationen. Eine Umgestaltung zum öffentlichen Raum mit eigener Freiraumcharakteristik zu entwickeln, wird angestrebt. Ziel sollte sein, eine möglichst leichte fußläufige Überquerung der Brückenstraße zu schaffen und Sichtbarrieren zu beseitigen.
Die „Verkammerung“ der Freiräume im Stadthallenpark soll aufgelöst werden, um mehr Transparenz zwischen den Freiräumen zu erreichen. Die Bäume sollten dafür hochgeastet und trennende Hecken entfernt werden.
Die unmittelbare Vorzone vor der ehemaligen SED-Bezirksleitung bedarf im Sinne eines lebendigen Stadtraumes für alle Bevölkerungsgruppen einer grundsätzlichen Neudefinition. Ein besonderes Problem stellt die schwierige topografische Situation durch die Überwindung eines ganzen Geschosses dar.
Verkehrsentwicklung
Einer Reduzierung des Verkehrs auf der Brückenstraße und eine Neuverteilung der Flächen im Straßenraum sollte angestrebt werden – eine komplette Verkehrsberuhigung wird jedoch nicht empfohlen. Unumstritten ist, dass der weiterführende Abschnitt der Brückenstraße Richtung Schlossteich bedeutungslos ist und umgestaltet werden sollte. Für die Weiterführung Richtung Augustusburger Straße gibt es bereits gelungene Vorschläge, die in der 6. Sitzung erläutert wurden. Es empfiehlt sich jedoch, eine direkte Anbindung zwischen Brückenstraße und der Karl-Liebknecht-Straße einzurichten. Auch das historische Stadtbad sollte eingebunden werden, weil so der Brühl als Quartier angegliedert werden kann. Infrage gestellt werden sollten mittelfristig in diesem Zusammenhang die beiden Wohnblöcke hinter dem Restaurant „Heck Art“, die an dieser Stelle die Quartiersanbindung und die Durchlässigkeit behindern.
Nutzungskonzept für den Kulturpalast Rabenstein
Unter den Teilnehmern des Kuratoriums herrscht die einhellige Meinung, dass der Kulturpalast im Chemnitzer Stadtteil Rabenstein unbedingt erhaltenswürdig ist. Das Kulturzentrum der Bergarbeiter mit seinen klassizistischen Gestaltungselementen spiegelt ein wichtiges Stück Wirtschafts- und Gesellschaftsgeschichte der Stadt und der Region wieder und erinnert an die Wismut als einen der wichtigsten Arbeitgeber der Region und bedeutendes sächsisches Unternehmen. Der Kulturpalast ist ein herausragendes Beispiel für die Architekturgeschichte der DDR, wobei der Denkmalwert noch weiterer Untersuchungen bedarf.
Es liegen bisher keine wirtschaftlich umsetzbaren Nutzungskonzepte vor. Ebenso besteht keine Investitionsbereitschaft des Eigentümers in das Gebäude vor. Ein Ankauf und der vollständige Erhalt durch die Stadt sind finanziell schwer realisierbar. Um Unterstützung für dieses Projekt zu finden, wird eine Medienkampagne empfohlen. Fachjournalisten und interessierte Medienvertreter sollen gezielt bundesweit angeschrieben und eingeladen werden. Dabei soll offen und eindringlich auf die prekäre Situation hingewiesen werden, um so überregional Interessenten auf das Potential dieser Anlage und ein zweifellos architektonisch attraktives Objekt aufmerksam zu machen. Anzustreben ist, einen Investor für den Gesamtkomplex zu finden – mit der Option, das ganze Areal am Pelzmühlenteich inklusive Haus der Körperkultur und Parkanlage einer neuen Nutzung zuzuführen.
Stadt Chemnitz