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100 Jahre Neues Rathaus

Geschichte(n) rund ums Rathaus

Der Hohe Turm und seine Glocken

Türmer Stefan Weber bei einer KlangprobeTürmer Stefan Weber bei einer Klangprobe
Archivfoto

Entsprechend seiner Funktion als Glockenturm der Stadtkirche St. Jakobi verfügte der Hohe Turm stets über einen umfangreichen und bedeutenden Bestand an Glocken. Dabei unterlag das Geläut in Folge von Bränden, Umgüssen und Zwangsablieferungen einem steten Wandel. So gingen beispielsweise sämtliche Glocken während des großen Turmbrandes im Jahre 1617 verloren. Von den daraufhin beschafften neuen Glocken schmolzen die drei größten erneut, als im Mai 1746 der Turm durch Blitzschlag ausbrannte. Eilfertig erbot sich der Leipziger Gießer Martin Heinze, den Neuguss vorzunehmen. Allerdings konnte er nur die kleine Glocke anfertigen, denn zwischenzeitlich meldete Johann Gottfried Weinhold aus Dresden, der ein kurfürstliches Privileg über den Guss von Glocken vorweisen konnte, seine Ansprüche an. Der Rat erteilte ihm schließlich den Auftrag, um der angedrohten Geldstrafe zu entgehen. Weinholds Name bürgte indessen für besondere Qualität, denn zahlreiche bedeutende Geläute in Sachsen waren von der traditionsreichen Gießerei bereits gefertigt worden. Für die Chemnitzer Stadtkirche goss er zwei zur bereits vorhandenen kleinen Glocke passende größere Glocken, die im August 1749 auf den Turm gezogen wurden. Sie folgten in Größe, Tonlage und Dekor dem 1734 gegossenen Geläut der Dresdner Frauenkirche. Die größte im Gewicht von ca. 2.950 kg blieb bis heute erhalten und bildet das Fundament des Jakobi-Geläutes.

Im Jahre 1874 entschloss man sich zu einer Neuformierung, bei der die große Weinhold-Glocke beibehalten wurde, ansonsten jedoch drei neue Glocken des Dresdner Gießers Große beschafft wurden. Während der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert musste die Jakobigemeinde jeweils drei Glocken zur »Sicherstellung der Metallreserven «, (so umschrieb man den Kulturfrevel zynisch) abliefern: Im Jahre 1917 die drei Große-Glocken, und im Jahre 1942 zunächst zwei der 1927 als Ersatz dafür beschafften Glocken der Lauchhammer-Werke.

Im Sommer desselben Jahres musste schließlich auch noch die wertvolle Weinhold-Glocke vom Turm genommen werden, um den Weg auf den berüchtigten Hamburger »Glockenfriedhof« anzutreten. Heute wissen wir: Es war zu ihrem Glück. Anderenfalls hätte sie das Schicksal der einzigen zurück gelassenen Glocke, der kleinsten des Bestandes, geteilt und wäreein Opfer des Turmbrandes am 5. März 1945 geworden.Unter abenteuerlichen Umständen fand die Glocke im Jahre 1947 wieder zurück in ihre Heimat – zu den Trümmern der zerstörten Kirche und des Turmes. Bis 1950 konnte dieser jedoch wenigstens bis zur Höhe der früheren Glockenstube neu errichtet werden und die ehrwürdige Glocke darin ihren alten Platz wieder einnehmen. Entsprechend der Not der Nachkriegszeit behalf man sich mit einfachsten Materialien: Der Glockenstuhl besteht aus Stahlträgern zerstörter Chemnitzer Fabrikanlagen, Joch und Klöppel wurden gebraucht erworben. Seit Juli 1950 ruft die mächtige Stimme der großen Glocke wieder jeden Sonntag zum Gottesdienst und erinnert am Abend eines jeden 5. März an das Unglück von 1945. Seit 1966 hat sie dabei „Verstärkung“ in Form von drei neu gegossenen kleineren Glocken, die im Dachreiter von St. Jakobi aufgehängt sind. Die historische Weinhold-Glocke, die nach längerer Pause seit 2009 mit neuen Antrieben ausgerüstet wieder läutet, kann im Rahmen der öffentlichen Turmführungen besichtigt werden.

Ihre lateinische Inschriftschließt mit einem besonderen Wunsch für unsere Stadt: Sie möge für Chemnitz »zu beständigem Segen ertönen«.

 

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