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100 Jahre Neues Rathaus

Geschichte(n) rund ums Rathaus

Judith-Lucretia-Portal: Einst Schmuck eines Bürgerhauses, ziert es seit 1910 das Alte Rathaus

Judith und LucretiaJudith, die den Feldherrn Holofernes mit dem Schwert enthauptete und Lucretia (li.), die entehrte Gattin, die sich umbrachte
Fotos: Ulf Dahl

Den passenden Eingang zum Alten Rathaus bildet ein schönes Renaissanceportal, das Judith-Lucretia-Portal. Dass es ursprünglich gar nicht dorthin gehörte, wird dem Besucher unserer Stadt kaum auffallen. Einst schmückte es eines der Bürgerhäuser auf der anderen Marktseite, das Gebäude, das zuletzt die Nr. 15 trug. 1910 ist es an den Rathausturm versetzt worden und dient seither als Brautportal, wie der Eingang, durch den auch an manchen Kirchen Paare in ihr Eheglück treten.
Wir dürfen uns vorstellen, dass das aus unserem heimischen Porphyrtuff gearbeitete Portal einst farbig bemalt war.
Es war wahrscheinlich der Tuchmacher Merten Groß, der 1559 das Wohnhaus mit diesem Portal errichten ließ. Über den Sitznischen wurden zwei damals sehr häufig dargestellte »Heldinnen« als Halbfiguren angebracht: Judith, die den Feldherrn Holofernes mit seinem Schwert enthauptete, und Lucretia, die entehrte Gattin, die sich selbst einen Dolch ins Herz stieß.

 

Hochzeitspaare treten früher wie heute durch das Judith-Lucretia-PortalBereits in den 1960er Jahren treten Heiratswillige ihren Weg ins gemeinsame Leben an (li).
Heute geben sich jährlich etwa 450 Paare in den Trauräumen des Rathauses das Ja-Wort. Auch sie durchschreiten das Portal, das 1910 an den Rathausturm versetzt wurde.
Fotos: Archiv Udo Thierfelder (li) und Wolfgang Schmidt

Wen die Geschichte der biblischen wie der antiken Gestalt näher interessiert, der mag sie in den »Mitteilungen des Chemnitzer Geschichtsvereins« nachlesen. Das Heft IV der Neuen Folge ist im Stadtarchiv, Aue 16, erhältlich. Man erfährt unter anderem, dass das Gebäude am Markt dann über Jahrhunderte der Familie Neefe gehörte. Am 19. August 1815 eröffnete Johann Gottfried Schilling in dem geräumigen Bürgerhaus das erste Komforthotel der Stadt, er nannte es »Zum Römischen Kaiser«. Im Jahre 1833 verlegte auch die Post ihre Passagier- stube in den »Römischen Kaiser«. Unter neuen Eigentümern erwarteten in der anliegenden Bretgasse unter anderem »Rompanos Weinstuben« und später »Hartensteins Weinstuben« ihre Gäste.

 

Historische Ansicht um 1830Historische Ansicht um 1830 - hier ziert das Brautportal noch nicht den Rathausturm. Erst 1910 wurde es von einem der Bürgerhäuser weg hin zum Turm versetzt.
Abb.: Archiv Udo Thierfelder

Anfang des 20. Jahrhunderts war das Portal jedoch im Weg, weil im Erdgeschoss ein Laden eingerichtet wurde. Man kam deshalb auf die Idee, es an den alten Rathausturm zu versetzen, an den man eine seitliche Vorhalle anbaute. Damit ist es in sehr passender Umgebung aufgestellt worden. Denn mit der Architektur des Alten Rathausbaus, die wesentlich von der Renaissance geprägt ist, steht das Portal im schönen Einklang. Bei dessen Wieder- aufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es an der Vorderseite des Turms angebracht und kommt seither noch besser zur Geltung. Das Bürgerhaus am Markt 15, das bereits ein Großbrand im Jahre 1921 in Mitleidenschaft zog, wurde bei der Bombardierung der Stadt am 5. März 1945 stark zerstört. Am Rathausturm jedoch ist uns sein Portal erhalten geblieben.

 

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