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100 Jahre Neues Rathaus

Geschichte(n) rund ums Rathaus

Bürgermeistergalerie: Porträts würdigen Leistungen früherer Amtsinhaber

Wandelhalle mit Bürgermeistergalerie; Foto: RosenkranzBlick in die Wandelhalle des Neuen Rathauses mit Bürgermeistergalerie
Foto: Rosenkranz

Mit der Fertigstellung des Neuen Rathauses 1911 ging auch die künstlerische Ausgestaltung der Innenräume einher. Bürger, Firmen, Handwerksinnungen und Vereine waren daran mit Spenden und Stiftungen beteiligt. Zu den Kunstwerken, die das Bauwerk schmücken, gehört auch die so genannte Bürgermeistergalerie.

In der Wandelhalle des zweiten Obergeschosses vor dem Tagungssaal der Stadtverordneten fanden fünf große Ölgemälde Aufstellung, die jene Chemnitzer Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister ehrten, die seit 1832 an der Spitze der Stadtverwaltung standen.

Es waren dies: Christian Friedrich Wehner, Bürgermeister von 1832 bis 1846; Johann Friedrich Müller, Bürgermeister von 1848 bis 1874; Dr. Friedrich Wilhelm André, Oberbürgermeister von 1874 bis 1896; Dr. Gustav Heinrich Beck, Oberbürgermeister von 1896 bis 1908 und Dr. Heinrich Sturm, Oberbürgermeister von 1908 bis 1917.

Die Bildnisse von Wehner und Müller wurden von Friedrich Gottlob Schreiber geschaffen. Die Porträts von André und Beck stammen vom Dresdner Porträt- und Historienmaler Leon Pohle. Oberbürgermeister Sturm wurde vom Berliner Akademieprofessor Georg Ludwig Meyn porträtiert. Die Bürgermeistergalerie bestand zunächst bis 1939. Nach der Einlagerung in den Kunstsammlungen kehrten die Gemälde im September 1991 ins Neue Rathaus zurück. Die Leistungen der in der Bürgermeistergalerie gewürdigten Stadtoberhäupter stellen wir hier dar:

 

Christian Friedrich Wehner - Bürgermeister von 1832 bis 1846

Bürgermeistergalerie: Christian Friedrich WehnerChristian Friedrich Wehner
Bürgermeister von 1832 bis 1846

In der Bürgermeistergalerie des Neuen Rathauses nimmt das Porträt von Christian Friedrich Wehner die erste Stelle ein. 1846 wurde es aus Anlass seiner Emeritierung von Friedrich Gottlob Schreiber geschaffen.

Wehner stand 44 Jahre lang im Dienste der Stadt Chemnitz, davon 14 Jahre als Bürgermeister. Er repräsentierte jene Vertreter des liberalen Bürgertums, die sich für eine Reform der Stadtverwaltung und für ein politisches Mitspracherecht in städtischen Angelegenheiten einsetzten. Die Bestrebungen kulminierten in Wahlen von Stadtverordneten und dem Erlass einer Stadtverfassung für Chemnitz im Mai 1831, der ersten Kommunalverfassung in Sachsen. Die öffentliche Verwaltung wurde fortan von einem Stadtrat unter Mitwirkung und Kontrolle der Communrepräsentanten wahrgenommen. Der Advokat, Sohn eines Stadtamtmannes, fungierte von 1802 bis 1832 zunächst als Stadtrichter und Stadtrat. 1832, nach Einführung der Allgemeinen Städteordnung in Sachsen, wurde er Bürgermeister und vertrat Chemnitz auch in der Ersten Kammer der Sächsischen Ständeversammlung. Vom Rat und seinem fortschrittlichen Bürgermeister gefördert, nahm die wirtschaftliche Entwicklung einen enormen Aufschwung. Neben der dominierenden Textilindustrie gewann der junge Maschinenbau immer mehr an Gewicht. Mit der Bebauung des Angers (zwischen heutiger Brückenstraße und Schillerplatz gelegen) erfuhr das Territorium von Chemnitz eine Erweiterung in nördlicher Richtung. Dank der Initiative von Vereinen erfolgte 1831 die Einweihung der Bürgerschule und 1838 die Erbauung des Stadttheaters. Mit der Königlichen Gewerbschule entstand 1836 eine technische Bildungseinrichtung. Ein Höhepunkt war 1852 die Einweihung der Eisenbahnstrecke Chemnitz-Riesa, für deren Bau sich Wehner nach Kräften eingesetzt hatte.

 

Johann Friedrich Müller - Bürgermeister von 1848 bis 1874

Bürgermeistergalerie: Johann Friedrich MüllerJohannn Friedrich Müller
Bürgermeister von 1848 bis 1874

Das Porträt von Bürgermeister Müller, gemalt nach 1867 von Friedrich Gottlob Schreiber, nimmt den zweiten Platz in der Bürgermeistergalerie ein. Im heutigen Stadtbild begegnen wir dem Namen am Schlossteich mit der Müllerstraße. Der Müller-Zipper-Brunnen erinnert an die auf seine Anregung hin erfolgte Umgestaltung des Schloßteichgeländes in eine Parkanlage. Das Stadtarchiv verwahrt den Nachlass des Bürgermeisters.

Der Sohn eines Gärtners verdankte seine Ausbildung und sein Studium der Rechtswissenschaft sowohl allein seiner Begabung als auch Fleiß. Bevor er 1848 zum Chemnitzer Bürgermeister gewählt wurde, war er seit 1841 Bürgermeister und Stadtrichter in Neustädtel. Verdienste erwarb er sich hier insbesondere durch Maßnahmen zur Linderung der Not der Bevölkerung in den Hungerjahren 1846/47. 25 Jahre lang stand Johann Friedrich Müller an der Spitze der Stadt Chemnitz, das sich in jenen Jahren ihren Ruf als »sächsisches Manchester« erwarb. Unternehmen wie die von Hartmann, Zimmermann, Haubold und Schönherr erlangten Geltung. Chemnitz fand Einbindung in das Eisenbahnnetz und entwickelte sich zum Verkehrsknoten. Die Einwohnerzahl wuchs von 30.000 auf 78.000 an. Für die Entwicklung des Stadtbildes war eine vom Rat erarbeitete Bebauungskonzeption von großer Bedeutung. Neben der Vorgabe eines Straßensystems bezog es Grünzonen ein. Zentren der Bautätigkeit waren u. a. die Zwickauer Straße und der Brühl. Mit Kaßberg und Kapellenberg begannen Erschließung und Bebauung neuer Stadtgebiete. Das 25jährige Amtsjubiläum 1874 nahm die Stadt zum Anlass, Bürgermeister Johann Friedrich Müller die Ehrenbürgerwürde zu verleihen.

 

Dr. Wilhelm André - Oberbürgermeister von 1874 bis 1896

Bürgermeistergalerie: Dr. Wilhelm AndréDr. Wilhelm André
Oberbürgermeister von 1874 bis 1896

Nach Inkrafttreten der revidierten Städteordnung des Königreichs Sachsen von 1873 war Wilhelm André das erste Chemnitzer Stadtoberhaupt, das als Oberbürgermeister amtierte. Nahezu 22 Jahre führte er mit Kompetenz und Weitblick die Geschicke der Stadt, die ihren Aufschwung fortsetzte und sich zur Großstadt entwickelte.

Der Jurist war seit 1852 zunächst als Obergerichtsanwalt in Osnabrück tätig. Als Oberbürgermeister von Chemnitz leistete er seit 1874 einen bedeutsamen Beitrag zur Förderung von Handel, Industrie und Verkehr, zur Hebung der Finanzen sowie zur Verschönerung und Gesundung der Stadt. So wurden die Verwaltung und das städtische Kassenwesen reorganisiert, die Finanzverhältnisse geordnet und der Grundstein für eine moderne und weit reichende Infrastruktur gelegt. Dazu gehörten u. a. die Errichtung des Elektrizitätswerkes, die Inbetriebnahme der elektrischen Straßenbahn und der Bau von Schlacht- und Viehhof sowie Markthalle zu Versorgung der Bevölkerung. Das Wasserwerk Altchemnitz, ein Wasserleitungssystem und die 1880 begonnene Talsperre Einsiedel sicherten die Wasserversorgung. Verdienste erwarb sich André weit über die Stadtgrenzen hinaus durch seinen Beitrag zum Ausbau des Rechtswesens. Er war maßgeblich an der Erarbeitung und Einführung gesetzlicher Regelungen zum Wasser-, Erb- und Familienrecht im Fürstentum Osnabrück beteiligt. Sein Anteil am Zustandekommen des deutschen Patentgesetzes von 1877 und dessen späterer Neubearbeitung 1891 fanden breite Anerkennung. Eine enge Zusammenarbeit verband ihn dabei mit dem Berliner Unternehmer Werner von Siemens. 1896 würdigte die Stadt Chemnitz André mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts.

 

Heinrich Beck - Oberbürgermeister von 1896 bis 1908

Bürgermeistergalerie: Heinrich BeckHeinrich Beck
Oberbürgermeister von 1896 bis 1908

Während der Amtsperiode Dr. Heinrich Becks (1854 - 1933) als Oberbürgermeister erlebte Chemnitz einen bedeutenden Aufschwung. Er war es, unter dem die Entscheidung für den Bau mehrerer, das Stadtbild prägender Gebäude (Neues Rathaus, Museum und Opernhaus), getroffen wurde. Auf Grund einer von Beck verfassten Denkschrift erhoben die städtischen Kollegien am 16. März 1905 den Antrag des Finanz- und Verfassungsausschusses einstimmig zum Beschluss, den Neubau eines Rathauses am Markt und Neumarkt nach der generellen Planung des Stadtbaurats Richard Möbius auszuführen. Beck stand auch dem Sonderausschuss vor, der den Rathausneubau begleitete. Der Jurist sammelte kommunalpolitische Erfahrungen in Dresden sowie als Bürgermeister von Frankenberg (1890-1895) und Freiberg (1895-1896). Am 17. September 1896 wurde er als Chemnitzer Stadtoberhaupt verpflichtet.

Durch Beck beeinflusst, entwickelte sich Chemnitz zu einem Verwaltungs- und Industriezentrum. Gezielte Eingemeindungen brachten Flächen- und Bevölkerungszuwachs. Verdienste erwarb er sich auch bei der Entwicklung und Förderung des Schul- und Fortbildungswesens. Die Stadt Chemnitz verlieh Beck 1907 die Ehrenbürgerwürde und benannte die Kastanienstraße, auf der er gewohnt hatte, nach ihm.

Der sächsische König Friedrich August III. berief Beck im Dezember 1907 zum Staatsminister. Von Januar 1908 bis Oktober 1918 trug er die Verantwortung für das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts und damit für die Bereiche Kirche, Schule, Kunst und Wissenschaft. Ab 1914 leitete er als dienstältester Minister zugleich das Gesamtministerium des Königreiches Sachsen. Seinen konservativen Wertvorstellungen folgend, lehnte Beck die sich anbahnende politische Neuordnung ab und schied am 25. Oktober 1918 freiwillig aus dem Ministeramt. Der sächsische König verlieh ihm zum Abschied den erblichen Adelstitel. In seinen letzten Lebensjahren widmete sich Beck hauptsächlich dem Hochstift Meißen, dessen Domherr, Dechant und Dompropst er war. Anlässlich der Einweihung des Neuen Rathauses spendete er einen silbernen Hammer für den Stadtverordnetenvorsteher. Ein Ölgemälde von Friedrich Leon Pohle mit dem Porträt Becks schmückt die Bürgermeistergalerie im Neuen Rathaus.

 

Dr. Heinrich Sturm - Oberbürgermeister von 1908 bis 1917

Bürgermeistergalerie: Dr. Heinrich SturmDr. Heinrich Sturm
Oberbürgermeister von 1908 bis 1917

Dr. Heinrich Sturm vollzog am 2. September 1911 die feierliche Einweihung des Neuen Rathauses, in das er auch als erstes Stadtoberhaupt einzog. Sein Porträt, gemalt von Georg Ludwig Meyn, hängt an 5. und letzter Stelle der so genannten Oberbürgermeistergalerie in der Wandelhalle des 2. Obergeschosses.

Der Sohn des Pfarrers und in seiner Zeit anerkannten Lyrikers Julius Sturm trat nach dem Studium der Rechtswissenschaft in den Staats- und Verwaltungsdienst ein.
Er war zunächst sechs Jahre Bürgermeister von Schleiz, seit 1893 Vortragender Rat im Fürstlich-Reußischen Ministerium, später erfolgte seine Berufung zum Landrat des Amtes Gera. Von 1902 bis zu seinem Tode vertrat Heinrich Sturm die Interessen der Stadt Chemnitz. Bis 1904 war er 1. besoldeter Stadtrat. Als Bürgermeister sowie 1. Stellvertreter des Oberbürgermeisters stand er u. a. dem Dezernat für das Volksschulwesen vor, er leitete das Gewerbeamt sowie den Haushalt- planungsausschuss. 1908 wählten ihn die städtischen Kollegien zum Oberbürgermeister. Während seiner Amtszeit setzte sich der Aufschwung von Chemnitz zur Industriestadt ersten Ranges fort. 1910 stieg die Einwohnerzahl auf über 300.000.

Die Stadt vergrößerte sich durch Eingemeindungen. Neben dem weiteren Ausbau der Infrastruktur und kommunaler Versorgungseinrichtungen waren zweifellos die Einweihung von Neuem Stadttheater (seit 1925 Opernhaus) und Museum 1909 und die Rathausweihe 1911 Höhepunkte im städtischen Leben.

Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges traten dann vor allem Probleme der Versorgung der Bevölkerung und der Kriegswirtschaft in den Mittelpunkt der Arbeit von Stadtoberhaupt und Verwaltung. Als Oberbürgermeister war Heinrich Sturm Mitglied der 1. Kammer des sächsischen Landtages, außerdem leitete er den Sächsischen Gemeindetag als Vorsitzender.

 

Johannes Hübschmann - Oberbürgermeister von 1917 bis 1930

Johannes HübschmannJohnannes Hübschmann
Oberbürgermeister von 1917 bis 1930

Über ein Vierteljahrhundert wirkte Dr. Johannes Hübschmann (1867 - 1930) für das Wohl der Stadt. Kommunalpolitische Erfahrungen sammelte der Jurist in Dresden sowie als Bürgermeister von Waldheim (1896-1900) und Oelsnitz/Vogtl. (1900-1904). Danach ist sein Name untrennbar mit der Entwicklung des Chemnitzer Gemeinwesens verbunden.

Hübschmann setzte sich als 1. Stadtrat, 2. Bürgermeister und stellvertretender Oberbürgermeister für ein erweitertes Schulbauprogramm und ein modernes Berufsschulwesen ein. Auf seine Anregung hin, gingen die im Privatbesitz befindliche Straßenbahn und das Fleischbeschauwesen in städtische Hand über. Seit dem 11. Mai 1917 leitete Hübschmann als Nachfolger des verstorbenen Heinrich Sturm die Geschicke der Stadt. Die Amtsperiode war geprägt durch wechselnde politische und wirtschaftliche Verhältnisse in Deutschland während und nach dem 1. Weltkrieg, die auch vor Chemnitz nicht Halt machten. Konservativen Grundwerten verbunden, versuchte Hübschmann, die unterschiedlichen Parteiinteressen im Sinne einer stabilen Stadtentwicklung auszugleichen. In den Jahren 1917/ 18 vertrat er Chemnitz in der 1. Sächsischen Kammer. Für die Deutsche Volkspartei saß er von 1920 bis Ende 1926 im Sächsischen Landtag, dessen Vizepräsident er zeitweise war.

Aus Anlass des 25jährigen Dienstjubiläums erhielt 1929 die Marschallstraße auf dem Kaßberg seinen Namen. Am 10. März 1930 verlieh ihm die Stadt Chemnitz das Ehrenbürgerrecht. Krankheitsbedingt trat Hübschmann mit dem 1. April 1930 in den Ruhestand.

Unter der Oberbürgermeisterschaft Johannes Hübschmanns erhielt das Neue Rathaus durch Max Klingers Monumentalgemälde »Arbeit-Wohlstand-Schönheit« 1918 einen weiteren wertvollen Zuwachs.

Sein 1926 für die Bürgermeistergalerie geschaffenes Bildnis, gemalt von Karl Lange aus Penig, befindet sich im Depot der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz.
 

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